Die Revolution ist heute wie damals für die meisten keine Utopie, sondern ein Schreckgespenst, das für den Verlust von Auto, Geld und Arbeitsplatz steht. Rainer Werner Fassbinder, Theaterberserker, Bürgerschreck und Anführer seines 1968 gegründeten Antitheaters war der festen Überzeugung, dass sich gesellschaftliche Verhärtungen erst dann aufbrechen lassen, wenn sich etwas tut im Bewusstsein der Bürger*innen. Die revueartig montierten Szenen von „Anarchie in Bayern“ gehen davon aus, dass äußerliche Veränderungen nicht ausreichen, um im abendländischen, auf Unterdrückung und Autorität fixierten Bewusstsein etwas zu bewirken. Gesellschaftliche Abstiegsängste sind real. Selbst dann, wenn die ihnen zugrundeliegende Bedrohung oder ihre vermeintlichen Ursachen es nicht sind.
Unter der Leitung von Leif Eric Young setzt sich das theter ensemble mit der gesellschaftlichen Kraft von Bedrohungsszenarien auseinander. „Anarchie in Bayern“ ist dabei selbst die Horrorvision, die von verschiedenen Gruppen verwendet wird, um Veränderungen zu verhindern. Alle wollen Sicherheit. Die Frage ist nur: zu welchem Preis?